Gegen die Dummheit der Antisemiten ist kein Kraut gewachsen – auch bei facebook nicht!

Früher Protagonist des Antisemitismus in Deutschland Martin Luther

Früher Protagonist des Antisemitismus in Deutschland: Martin Luther.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Mitarbeiter von www.camera.org (Committee for Accuracy in Middle East Reporting in America) hatten sich schon gefreut: facebook nahm endlich die Seite vom Netz, auf der die ebenso absurde wie bösartige Lüge vom jüdischen Ritualmord an christlichen Kindern verbreitet wurde. Doch die Freude kam zu früh: „Jewish Ritual Murder“ wurde zwar kurzzeitig aus dem sozialen Netzwerk entfernt, jedoch nach 24 Stunden wieder zugelassen.

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Antisemitische Schrift aus dem Jahr 1543, in der Luther die Ritualmordlegende verbreitet.

 

Camera hatte eine lange Kampagne geführt, um die Präsenz der facebook-Seite im Web zu beenden. Auch andere zivilgesellschaftliche Gruppen, so die Anti-Defamation League, unterstützten den Versuch, die Verbreitung dieses Machwerks übelster antisemitischer Propaganda zu unterbinden. Schließlich willigten die facebook-Administratoren ein. Kaum einen Tag später war die Seite wieder im Netz. Facebook teilt dazu mit: „Wir haben die Entscheidung über die gemeldete Seite Jewish Ritual Murder revidiert. Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, eine Seite zu melden, die nach eurer Meinung unsere Netzwerk-Standards verletzt. […] Wir haben die Seite, die ihr als von Hass-Aussagen oder -Symbolen gekennzeichnet gemeldet habt, noch einmal überprüft. Wir finden, dass sie unsere Netzwerk-Standards nicht verletzt.“

Die Seite erscheint seitdem wieder in facebook – mit einer wachsenden Zahl von likes. „Jewish Ritual Murder“ wimmelt von abstrusen Schilderungen angeblicher religiös motivierter Gräueltaten von Juden an Christen und Muslimen. Ritualmord sei in der jüdischen Geschichte ein bekanntes Phänomen, das bis auf den heutigen Tag andauere. Das sei eine historisch akzeptierte und weithin anerkannte Tatsache.

Die auch unter dem Begriff „Blutanklage“ bekannte Anschuldigung war seit dem Mittelalter neben den Vorwürfen der Brunnenvergiftung und des Hostienfrevels eine der wesentlichen antisemitischen Verleumdungen, die gegen Juden erhoben werden. Bis auf den heutigen Tag, wenn auch in meist nicht so unverhohlener Form wie auf der fraglichen Seite. Facebook, obgleich von dem amerikanischen Juden Mark Zuckerberg gegründet und entscheidend gestaltet, ist schon wiederholt dafür kritisiert worden, antisemitische Ausfälle auf seinen Seiten zuzulassen. In den „Facebook-Gemeinschaftsstandards“ ist dessen ungeachtet zu lesen:

„Facebook erlaubt keine Hassbotschaften, unterscheidet allerdings zwischen ernsthaften und humorvollen Botschaften. Auch wenn wir dich dazu ermuntern, Ideen, Institutionen, Veranstaltungen und Praktiken in Frage zu stellen, erlauben wir es einzelnen Personen oder Gruppen nicht, andere aufgrund ihrer Rasse, Volkszugehörigkeit, nationalen Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung, Behinderung, ihres Gesundheitszustands oder Geschlechts anzugreifen.“

Welche Virulenz die Ritualmordlegende auch in unserer Zeit noch hat, belegt ein Artikel der schwedischen Tageszeitung Aftonbladet aus dem Jahr 2009, in dem behauptet wurde, in Israel würden palästinensische Jugendliche getötet und ihre inneren Organe vor der Rückgabe der Leichname an die Familien entnommen. Die Zeitung berief sich dafür auf „Zeugenaussagen vor Ort lebender Araber“. Vor diesem Hintergrund ist die Zulassung der Seite „Jewish Ritual Murder“ kaum nachvollziehbar. Oder sollte facebook ihre Botschaft, die immerhin auch die grenzenlose Dummheit der antisemitischen Urheber unter Beweis stellt, etwa für „humorvoll“ halten?

About Thomas Gatter

writer, researcher, archivist, artist, activist, Jew living and working at Bremen, Nienburg, Playa del Inglés, Ruidoso, Lanciano www.thomasgatter.eu View all posts by Thomas Gatter

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