Erinnerung an Tschernobyl und Menschenrechte in Belarus

Manche Politiker wollen nicht aus ihren Fehlern lernen. Das ist der Eindruck, den „normale“ BürgerInnen gewinnen müssen, wenn sie verfolgen, was in der Politik so passiert. Erst vor einem Jahr hat die Katastrophe von Fukushima bewiesen, wie gefährlich und unbeherrschbar Atomkraftwerke sind. Jetzt wollen vier EU-Länder erreichen, dass Subventionen für Atomstrom erlaubt werden, weil neue Atomkraftwerke gar nicht anders finanzierbar wären. Heute beraten die EU-Wirtschafts- und Energieminister über diesen Vorschlag. Trotz seiner furchtbaren Dimensionen droht Fukushima im Jahr 2012 schon wieder vergessen und verharmlost zu werden. Die japanische Regierung hat diese Atomkatastrophe offiziell für “beendet” erklärt und dafür den völlig irreführenden Begriff der “Kaltabschaltung der Reaktoren” benutzt.

Leider lassen sich die Langzeitfolgen auch dieser Katastrophe nicht so einfach abschalten. Nach jeder Atomexplosion, ob nach Atombombenabwürfen, Atomwaffentests oder AKW-Unfällen, leiden die Menschen über viele Generationen an strahlenbedingten Krankheiten. Das gleiche gilt für die Folgen von Tschernobyl, 26 Jahre nach dem Reaktor-GAU in der Ukraine, der auch die Menschen im ganzen östlichen Belarus schwer getroffen hat, besonders in den Regionen Mogiljew und Gomel. An die ungezählten Opfer der Atomtechnologie, die von Politik und Industrie bewusst in Kauf genommen werden, muss erinnert werden – und auch an den Zusammenhang mit den Menschenrechten in Belarus.

Dies ist umso nötiger, als Belarus nach wie vor seine Stellung als Europas letzte Diktatur hält. Zwar hat Präsident Lukaschenko unter großem westlichen Druck nicht nur vor wenigen Tagen einige führende Regimekritiker aus der Haft entlassen und die für gestern erwartete aggressive Rede in Richtung EU abgesagt. Beides bedeutet aber keine grundsätzliche Änderung der menschenrechtsfeindlichen Politik des Diktators. Wie man aus Brüssel hört, will jetzt auch die Europäische Union einlenken und keine neuen Sanktionen beschließen. Lukaschenko umwirbt sie, in dem er, wie es heißt, einige Passagen aus seiner außenpolitischen Programmrede herausstreichen oder abschwächen lässt. Sanktionen werden aber weiterhin gebraucht, denn viele politische Häftlinge bleiben weiterhin in den Kerkern des Regimes, darunter ein zweiter früherer Bewerber um das Präsidentenamt neben dem freigelassenen Sannikow, Nikolai Statkewitsch. Auch Andrej Sannikow hat den Westen aufgerufen, die harte Haltung gegebenüber dem Unrechtsregime nicht aufzugeben. Nur dadurch werde es möglich sein, ihm weitere Zugeständnisse abzutrotzen. Menschen- und bürgerrechtswidrig ist auch die Planung eines 20 Milliarden US-Dollar teuren Atomkraftwerks in Ostrovets bei Grodno nahe der litauischen Grenze. Vor wenigen Wochen wurden Kreditvereinbarungen mit einem russischen Finanzinstitut unterzeichnet. Lukaschenko unterdrückt den Widerstand dagegen mit der Behauptung, die Kritiker seien vom Westen bezahlt.

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writer, researcher, archivist, artist, activist, Jew living and working at Bremen, Nienburg, Playa del Inglés, Ruidoso, Lanciano www.thomasgatter.eu View all posts by Thomas Gatter

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