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Musik auf dem Weg vom Schatten ins Licht

Im Nienburger Rathaus geht derzeit die Kunstausstellung Befreiung zu Ende. 49 niedersächsische Künstlerinnen stellen in der Wanderausstellung unter Schirmherrschaft von Ministerpräsident Stephan Weil mehr als 100 Arbeiten zum Thema Befreiung vor. Die Landesgruppe des Künstlerinnen-Netzwerkes GEDOK hatte das Ausstellungskonzept aus Anlass des 70jährigen Gedenkens an die Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen entwickelt. Der Landesverband jüdischer Gemeinden in Niedersachsen unterstützte das Projekt. Auf Initiative des Arbeitskreises Gedenken war Nienburg als dritter Ausstellungsort gewählt worden.

Die Kunstschau klingt in Nienburg am Montag, 7. 9. 2015, mit einem Konzert im Forum des Marion-Dönhoff-Gymnasiums aus. Es trägt den Titel „Musik auf dem Weg vom Schatten zum Licht“. Dabei wird der musikalische Bogen weit gespannt: von Franz Liszt über Paul Hindemith bis zu John Williams. Auch Musik jüdischer Komponisten wird zu hören sein, unter anderem von Felicitas Kukuck und Kurt Weill.

Ausführende des Konzertes sind drei Musikerinnen, die wie die Künstlerinnen der Ausstellung ebenfalls der GEDOK Niedersachsen/Hannover angehören: Nicola Heise (Sopran, Klavier), Ursula Daues (Alt, Klavier) und Sabine Bleier (Flöte).  Die Interpretinnen sind in Nienburg keine Unbekannten. Ursula Daues unterrichtet seit 1994 an der Musikschule Nienburg und leitet seit 2003 den Musicalchor „Just for fun“. 2001 gründete sie zusammen mit der Sopranistin Nicola Heise das „Duo klavoice“, in dem beide ihre pianistische als auch ihre sängerische Erfahrung mit Leidenschaft einbringen. Dritte im Bunde ist Sabine Bleier, die seit 1987 in der NDR-Radiophilharmonie als Piccoloflötistin spielt und außerdem 1. Flötistin der Kammersymphonie Hannover ist.

Die Musikerinnen begleiten die Ausstellung Befreiung mit einem textlich anspruchsvoll moderierten Programm voll musikalischer Ausstrahlung und thematischer Tiefe. Neben Meisterwerken von der Spätromantik bis zur Moderne enthält es ein eigens für diese Aufführung komponiertes Stück von Ursula Daues. Das Konzert im Forum des MDG beginnt am Montag, 7. 9. 2015, um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei (Spenden willkommen).

Ursula Daues, Sabine Bleier, Nicola Heise

 

Ursula Daues, Sabine Bleier, Nicola Heise (v. l. n. r.)


Niedersächsische Künstlerinnen erinnern an die Befreiung vonBergen-Belsen

 

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Arbeitskreis Gedenken zeigt ab 14. August Wanderausstellung der  GEDOK in Kooperation mit dem Landesverband Jüdischer Gemeinden

 

 

Alle Menschen werden Schwestern! Unwillkürlich drängt sich beim Gang durch die Ausstellung „Befreiung“ die von Luise Pusch abgewandelte Schlüsselzeile aus Friedrich Schillers „Ode an die Freude“ ins Bewusstsein. Denn rund 50 Künstlerinnen aus Niedersachsen haben sich hier in großer Eindringlichkeit eines Wertbegriffes angenommen, der als Wunschvorstellung wie als realisierbare Utopie Frauen und Männer gleichermaßen beseelt: der Freiheit und der möglichen Wege, sie zu erlangen.

Dabei war es ein konkreter historischer Anlass, der die GEDOK Niedersachsen/Hannover, das Netzwerk niedersächsischer Künstlerinnen und Künstler, bewogen hat, gerade dieses Thema auf die künstlerische Agenda zu setzen. Vor siebzig Jahren, im April 1945, wurde das Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit. Aber von einer Geschichte, die nur als eine Art Museum der Zeit betrachtet wird und keinerlei Bezug zum realen Leben hat, werden Menschen weder lernen, noch an ihr reifen können. Das jedenfalls ist die Auffassung der Organisatorinnen der Ausstellung, die dafür die Unterstützung des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen gewonnen haben. Auch zahlreiche jüdische Künstlerinnen befinden sich unter den Ausstellenden.

Die Schöpferinnen der gezeigten Werke sind nicht bei der erdrückenden Thematik des Holocaust und dem Leid der Opfer stehen geblieben. Im Gegenteil dazu geht es in den meisten Werken um etwas völlig Anderes. „Mit dem Begriff Befreiung“, heißt es in einem Ausstellungstext, „verbinden wir Gedanken wie Hoffnung, Überleben und vor allem Neubeginn von etwas Schönem in einer Gesellschaft, die Vielfalt als Bereicherung begrüßt, zulässt und lebt.“ Dieser Einstellung künstlerischen Ausdruck zu geben, ist die Themenstellung der Werkschau. Die so entstandenen Kunstwerke machen Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Hilfsbereitschaft, Fürsorge und weiblichen Mut zur Veränderung nicht nur als ideelle Werte, sondern als gesellschaftliche und persönliche Ziele erlebbar. Gleichzeitig zeigen sie die schier unglaubliche Kreativität und Schaffenskraft der zeitgenössischen Kunst in Niedersachsen.

Die Wanderausstellung bezieht im Gedenkjahr 2015 sechs Ausstellungsorte ein, neben dem Rathaus Nienburg die Städtische Galerie Kubus in Hannover, die Kloster Willebadessen und Mariensee, das Theater Lüneburg und die Marktkirche Hannover. Der Arbeitskreis Gedenken hatte sich schon frühzeitig entschieden, das Angebot der GEDOK-Vorsitzenden Heralde Schmitt-Ulms anzunehmen, die Präsentation auch in Nienburg zu zeigen. Die Ausstellung steht an allen Standorten unter der Schirmherrschaft des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil. Nienburg ist der dritte Ort der Präsentation.

Die Ausstellung wird am 14. August 2015 um 17 Uhr im Vestibül des Nienburger Rathauses eröffnet und kann bis zum 7. September 2015 zu den üblichen Öffnungszeiten des Rathauses besucht werden. An den Wochenenden 15./16. August und 5./6. September bietet der Arbeitskreis Gedenken für Gruppen zusätzliche Ausstellungsbesuche am Wochenende nach Terminabsprache an (Tel. 0151 1728 7826). Zur Finissage am 7. August findet ein Abschlusskonzert im Forum des Nienburger Marion-Dönhoff-Gymnasiums statt, Beginn 20 Uhr, Eintritt ist frei.

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Forum des Gedenkens in Nienburg

Wieder mit großer Beteiligung von Schülerinnen und Schülern fand am 4. Februar das Forum des Gedenkens statt, zu dem der Arbeitskreis Gedenken in den Nienburger Ratssaal eingeladen hatte. Vor dem eigentlichen Forum wurde im Vestibül des Rathauses die Ausstellung Contra Rechtsextremismus eröffnet. Schülerinnen und Schüler der BBS Marienhain in Vechta hatten sie in Zusammenarbeit mit dem Verein „Contra e.V.“ erstellt. „Mit seiner menschenverachtenden Ideologie setzt insbesondere der Rechtsextremismus auch heute noch auf die Überlegenheit der Stärkeren und spricht über Menschen aus anderen Kulturkreisen abwertend und diskriminierend“, kritisieren die Jugendlichen. Sie wollen nach eigener Aussage ihre Standpunkte im Sinne christlicher Nächstenliebe und als Träger von Menschenwürde dagegensetzen, aber auch zur Aufklärung beitragen.

Im anschließenden Forum berichteten Jugendliche aus Projekten und von Gedenkstättenbesuchen. Das Forum stand unter dem Motto Jugend gestaltet Erinnerung. Der Arbeitskreis „Sinti fahren nach Auschwitz“ der Nordertorschule Nienburg bot eine szenische Darstellung der dabei gemachten Erfahrungen. Die Jugendlichen setzten Steine der Erinnerung und interpretierten sie als Metaphern der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ebenso wie Bausteine für die Zukunft.  Schülerinnen und Schüler des Hoyaer Johann-Beckmann-Gymnasiums berichteten über ihre Fahrt nach Bergen-Belsen und die eingehende Auswertung, mit dem sie das Projekt anschließend in der Schule bekannt machten. Die AG für den Frieden von der Kooperativen Gesamtschule Rastede schloss sich mit einem „Denkanstoß“ an, bei dem Auschwitz als prägendes Erlebnis junger Menschen für eine humanistische und politische Sicht ihrer Rolle im Leben verdeutlicht wurde.

Einen ganz anderen Beitrag leisteten Mitglieder der Ruderriege der Albert-Schweitzer-Schule Nienburg, die über ihre Motivation und die Vorbereitung und Durchführung eines besonderen Erinnerungsprojektes erzählten. Im November 2011 tauften die Mädchen und Jungen einen neuen Doppelvierer nach Hermann Abraham, einem jüdischen Schüler des Gymnasiums. Hermann Abraham wurde im Gründungsjahr der Riege erster „Ruderbaas“. Als Einundzwanzigjähriger fiel er im Ersten Weltkrieg in Frankreich.

Den Abschluss bildete ein Bericht aus Adendorf in der Lüneburger Heide, wo Schülerinnen und Schüler der Schule am Katzenberg das Schicksal von Wolfgang Helmut Mirusch erforschten. Der junge Sinto war 1943 im Alter von acht Jahren nach Auschwitz deportiert und dort ermordet worden.

Die Ausstellung “contra Rechtsextremismus” wird im Rathausvestibül noch bis Ende Februar zu den Öffnungszeiten des Rathauses zugänglich sein.


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